Kennst du den Brauch des Osterwassers? Es ist ein uraltes Ritual, am Ostermorgen eine Quelle aufzusuchen und dort Wasser zu schöpfen.
Die Amseln sind morgens die ersten, die noch vor Sonnenaufgang ihre schönen Lieder singen. Sie sind die Begleiterinnen zu diesem Ritual, das uralt ist. In dem Ort, in dem ich aufgewachsen bin, gibt es eine Osterquelle. Ich kann mich noch erinnern, wie sie es jedes Jahr um Ostern in die örtliche Zeitung geschafft hat, weil Menschen dort einen uralten Brauch ausübten: Das heilige Osterwasser zu schöpfen. Dieser Brauch ist nicht nur im Lauenburgischen weit verbreitet, sondern auch in anderen Teilen Deutschlands. Was hat es damit eigentlich auf sich?
Rituale um die Osterquelle
Das Ritual um die Osterquelle sieht vor, dass jungfräuliche Mädchen im Morgengrauen zur Quelle gehen, um dort Wasser zu schöpfen. Sie mussten den Weg schweigend zurücklegen, am besten sogar unbeobachtet und durften keinen Tropfen verschütten. Wenn sie das schafften, dann hatten sie Wasser nach Hause gebracht, dem große Heilkräfte nachgesagt wurden. Man wusch sich mit dem Wasser, es sollte der Haut gut tun sowie Augenleiden lindern. Das mag heute so anmuten, als ob es ins Reich der Märchen gehöre, dennoch lohnt es sich, den Brauch des Osterwassers und der Osterquellen aufrecht zu erhalten.
Die Bedeutung von Wasser
Wasser steht im spirituellen Sinn für Emotionen sowie für das Weibliche. Wasser ist Leben, ohne Wasser gibt es kein Leben, also ist Wasser zentral in der Bedeutung für uns Menschen, die ja auch zu mehr als 70 Prozent aus Wasser bestehen. Wasser leitet die Gefühle und ist grenzenlos, es fließt und sucht anderes Wasser, um sich zu verbinden. Wasser ist mächtig, bringt Dinge zu Wachsen und ins Fließen, es ist wichtig, wenn wir Tränen fließen lassen, denn dann lösen sich meistens auch uralte Blockaden. Insofern ist Wasser an sich sowieso schon etwas sehr Magisches. Wasser, das am Ostermorgen geschöpft wird, trägt den Geist der Auferstehung und des Besiegens der Dunkelheit in sich, denn mit dem ersten Licht am Ostermorgen tritt auch die Hoffnung in unser Leben, mit dem zunehmenden Licht kommen wir mehr und mehr in die Kraft. Also ist Osterwasser tatsächlich etwas Magisches, auch heute noch. Man kann es auch aus einem Fluss schöpfen, es soll, wenn man es am Ostermorgen geschöpft hat, besonders kraftvoll und haltbar sein. Ich gehe übrigens am liebsten gemeinsam mit meiner Tochter zur Quelle, es hat so etwas Eingeschworenes, Gemeinsames und letztendlich auch etwas Magisches, wenn neben meinem großen Krug ein kleiner steht.
Ritual für Osterwasser
Das alte Ritual für Osterwasser geht so: Suche dir eine Quelle und mache dich am Ostermorgen im Morgengrauen auf zu dieser Quelle. Es ist ratsam, morgens nicht zu sprechen, sondern gleich nach dem Aufstehen im Schweigen zu verharren. Du gehst zur Quelle oder zum Fluss, am besten nimmst du Opfergaben mit wie Räucherwerk oder Getreidekörner, die du den Geistern des Ortes zurück lässt. Still schöpfst du dann das Wasser aus der Quelle, bringst es zurück in dein Haus, konzentrierst dich auf den Gesang der Vögel und die Energie der Erneuerung und der Heilung, während du das Wasser in den Händen hältst. Du darfst keinen Tropfen verschütten auf dem Weg. Zuhause suchst du dir eine schöne Stelle, um das Wasser hinzustellen und für weitere Anwendungen parat zu haben. Dann bedankst du dich bei allen, die geholfen haben und kannst deinen normalen Ostermorgen beginnen – und sprechen.
Anwendungen für Osterwasser
Du kannst dich mit dem Osterwasser rituell waschen oder die Augen benetzen. Es ist ja immer die Frage, woher dein Wasser stammt. Ist es umgeben von Feldern, auf denen die Bauern spritzen? Dann wäre ich vorsichtig mit dem Trinken und würde es lieber für die äußere Reinigung nehmen. Du kannst dein Haus damit reinigen – rituell nicht in echt – oder es verschnipsen, wenn du in Situationen gerätst, in denen du die Energie auflockern möchtest.